Wenn der Bock kommt

Brunst

Ab August werden Ziegen brünstig, manche Rassen erst ab Oktober. Zu erkennen ist dies am Schwänzeln und einer vergrößerten, feuchten Vulva. Ist kein Bock da, wird die brünstige Ziege nach einem rufen, und zwar so laut, wie sie kann. Dieser Zustand währt drei Tage und wiederholt sich alle drei Wochen.

Woher einen Bock nehmen?

Früher war das Dorf verpflichtet einen Ziegenbock vorzuhalten, auch heute ist es sinnvoll sich einen Bock mit anderen zu teilen. Ziegenböcke werden sehr groß und stark, sie sind dann nicht gerade handlich im Umgang. Am besten steht dieser Bock in einer größeren Herde; dort hat er gut zu tun und ist dadurch ruhiger. Halte ich einen Bock zusammen mit nur wenigen Ziegen, wird er diese unablässig verfolgen, immer auf der Suche nach einer Brünstigen.  Das hält die Ziegen vom Fressen ab, es nervt sie und sie werden erstmal nicht mehr brünstig. 

Sind die Jährlinge mit in der Herde, werden auch sie gedeckt – zu früh! Eine Geburt könnte sie umbringen, vor allem aber werden diese Ziegen fortan zu klein bleiben. Deshalb muss man die kleinen Jungziegen außerhalb der Reichweite des Bocks halten (schwierig!) oder ihr Embryo abtreiben, in dem die Tierärztin Prostaglandin spritzt. 
So spricht vieles dafür, einen Bock zu besuchen oder nur kurzfristig zum Decken zu holen.

Den Bock prüfen

Teilt man sich einen Bock mit anderen, ist es unabdingbar, dass dieser Bock ebenso wie alle Ziegen mit denen er Kontakt hat, jedes Jahr auf CAE getestet werden. Denn diese Krankheit kann sich z.B. durch Zukäufe unbemerkt in einer Herde ausbreiten oder beim Deckakt auf eine neue Herde übertragen. Die Kosten des CAE-Tests trägt (heute noch) die Tierseuchenkasse. 
Umgekehrt garantiert man, dass die eigenen Ziege CAE frei sind und ihre Vagina nicht entzündet ist.

Derselbe Bock kann die Herde über mehrere Jahre hinweg decken, also auch seine Töchter und Enkelinnen. Vermeiden sollte man aber, dass in der Herde gezogene Böcke ihre Geschwister und Mütter decken. Den Bock also nie aus dem eigenen Bestand ziehen, sondern immer von außen holen.

Besitzt man selbst keinen Bock, überwältigt einen das plötzlich losbrechende Geschrei der ersten brünstigen Ziege und man nutzt dann unüberlegt den erst besten Bock… Besser man schaut sich vorher um.
Welche Eigenschaften zeichnen einen guten Bock aus? In erster Linie sein Charakter! Ist er freundlich, den Menschen zugewandt? Das erleichtert die Arbeit mit seinem Nachwuchs mit dem man ja dann einige Jahre auskommen muss.
Will man die Milchleistung der eigenen Herde verbessern, ist die Leistung der Bocksmutter maßgeblich. Auch vererbe der Bock die Euterform seiner Mutter – sagt man. Deshalb nicht nur den Bock anschauen, sondern auch seine Mutter.
Wie gut seine Gene tatsächlich sind, zeigt sich erst, wenn seine Töchter gelammt haben und Milch geben.

Die Ziege zum Bock bringen

Statt den Bock zu holen, kann man die brünstige Ziege zum Bock fahren. Trifft man den richtigen Zeitpunkt, ist sie innert einer Viertelstunde gedeckt und fährt wieder nach Hause (auf keinen Fall diese Ziege in der fremden Herde zurücklassen – als Einzelne würde sie gejagt und gemobbt). Ältere Autoren mahnen: „Beim sofortigen Wegführen aus dem Stall kann es sonst bei langen Wegen, bei schnellem Laufen oder Klettern zum Ausstoßen des Samens kommen.“ “Wird die Ziege sofort nach dem Sprung abgeführt, so kann, wenn sie schnell getrieben wird und einen weiten Weg bis zum heimatlichen Stall hat, die Befruchtung verloren gehen.“ 

Der richtige Zeitpunkt für einen Besuch beim Bock ist der 2. Tag, genau in der Mitte der drei Brunsttage. Beginnt sie zu schreien, muss man dies einen Tag ertragen und erst am zweiten fahren. Am dritten Tag zeigt sich ein weißes Schleimtröpfchen an ihrer Scheide – dann ist es zu spät. Dieser Schleim ist am ersten Tag glasklar, am zweiten rauchig und am dritten opak.

Der Bock prüft seinerseits die Empfängnisbereitschaft mit einem speziellen Riechorgan, das sich innerhalb seiner Oberlippe befindet, weshalb er dazu die Oberlippe hochklappt, er „flemmt“.

Man lässt den Bock dreimal aufspringen (männliche Autoren meinen einmal reicht, denn der Bock müsse geschont werden)  und schaut, ob er auch wirklich ejakuliert. Wer es eilig hat, hält die Ziege dabei fest, denn oft dreht sie sich zu ihm hin, läuft unter ihm weg, weil sie erst umworben werden will – und das kann dauern.

Ob der Deckakt gelungen war, weiß man erst nach drei Wochen, wenn sie dann nicht wieder brünstig wird.

Tragezeit und Trockenstellen

Die Tragezeit wird in älteren Büchern mit 154 Tagen angegeben, jüngere nennen 152 und neue nur noch 150 Tage. Hat man einen Bock in der Herde, geschieht der Deckakt so unauffällig, dass man kein genaues Datum kennt. Nur wenn die Ziege zum Bock gebracht wird, kann man auch ein Geburtsdatum im Kalender vormerken.

Acht Wochen vor dem angenommenen Geburtstermin sollte die Ziege trocken gestellt werden, damit alle Energie für die in dieser Zeit deutlich wachsende Embryonen zur Verfügung steht. Ziegen zeigen einen unmissverständlich, wenn sie nicht mehr gemolken werden wollen und dies sollte man dann auch sofort einstellen. Manche Ziege will aber weiter gemolken werden, dann auf keinen Fall erst später z.B. vier Wochen vor Geburt trocken stellen, dann schrumpft das Euter zu spät und ist trocken zum Geburtstermin. Das Euter benötigt vier Wochen um wieder „in die Milch zu kommen“. Es gibt aber Ziegen, die so gut versorgt sind, dass sie immer weiter Milch geben (wollen), dann kann man die Milchproduktion aufrecht erhalten, indem man weiter melkt, aber nur alle zwei Tage. 

Geburtsvorbereitungen

• Ablammbucht großzügig mit sauberem Stroh ausstatten, am besten mit Stohmehl d.h. sehr kurzem Stroh, weil langes Stroh die Kitze immer wieder zu Fall bringt, bei ihrer Suche nach dem Euter. In ihren ersten Stunden sind die Kitze nass, weshalb diese Ablammbucht frei von Durchzug sein muss. In den ersten drei Lebenstagen prägen sich die Zicklein Stimme und Geruch ihre Mutter ein und umgekehrt – nur so können sie sich später (in der großen Herde) wiederfinden. Deshalb sollte diese Lämmerbucht auch verschließbar sein. 

• Einmalhandschuhe tragen bei jeder Geburt – denn es könnten auch Totgeburten kommen, sie sind Träger von u.U. auch für Menschen gefährlicher Krankheiten

• Frotteetücher liegen bereit zum abreiben der Neugeborenen und Schere und Jod zum Schneiden und Desinfizieren der Nabelschnur. 

• Videoüberwachung oder Babyphon können auch über Geburtsvorbereitungen (s.unten) seitens der Ziege informieren.

Detaillierte Infos rund um die Geburt in der Rubrik „Medizin“.

Die Geburt

„Wenn die Ziegen natürlich gehalten werden, d. h. stets für den notwendigen Auslauf gesorgt wird, gibt es nur selten Komplikationen bei der Geburt. Anders dagegen liegen die Verhältnisse bei solchen Ziegen, die sich nur wenig frei bewegen können und gar noch im Stall angebunden sind. Bei diesen Tieren fehlt es an der erforderlichen Bewegung. Die Bänder und Muskeln bleiben infolge ungenügender Beanspruchung hart und unbeweglich, lockern sich überhaupt nicht oder nicht zur rechten Zeit.“

Auch im Winter in der Tragezeit ist ein Spaziergang mit den Ziegen sinnvoll.

Wie um ihre Zicklein im Bauch zu rufen, wendet sie sich zu ihnen hin und meckert zärtlich.
Dann legt sie sich hin, dreht sich immer wieder herum, horcht in sich hinein. Es kann Stunden dauern, bis alle Zicklein die für die Geburt richtige Position im Bauch eingenommen haben. Dann zeigt sich die Fruchtblase, sie hat die Aufgabe die Geburtswege zu weiten, wenn sie platzt, macht das Fruchtwasser den Geburtskanal schlüpfrig. Dann nehmen die Wehen zu und schließlich erscheinen kleine Hufe, die Vorderbeine mit dem Kopf dazwischen. Zeigen die Klauen dieser Füße nach unten, so sind es die Hinterbeine, auch dies ist unproblematisch. 

Nach dem Platzen der Blase, sollte die Geburt innert ca. 20 Minuten erfolgt sein. Wenn nicht, dann könnte eine falsche Lage die Geburt verhindern. Jetzt sollte man sich mit der Tierärztin beraten.

Man kann die Geburt erleichtern, indem man an den Füssen zieht, das darf man aber immer nur im Moment, wenn auch die Mutter presst, sonst richtet man mehr Schaden an, die Beinsehnen könnten überdehnt werden.

Kaum ist der Kopf draussen, ringt das Lamm nach Atem, versucht mit Prusten den Schleim loszuwerden. Mit einem Tuch wischt man Maul und Nase frei. Ist es ganz rausgerutscht, leckt die Mutter ihr Neugeborenes mit großer Hingabe. Dieses versucht trotzdem auf die Beine zu kommen und steuert unverzüglich dem Euter entgegen.
Jetzt kann man die Nabelschnur durchtrennen und in einen Fingerhut voll Jod tunken.
Sind alle Lämmer geboren, sollte die Mutter lauwarmes Wasser zu trinken bekommen.

Die Nachgeburt

In den nächsten zwei Stunden ist die Nachgeburt zu erwarten, für jeden Fötus eine. Es ist sehr wichtig, diese mitzuzählen – vor allem bei Drillingen gelingt es der Mutter wegen der Überdehnung oft nicht, alle Nachgeburten auszustoßen. Sind Mehrlinge zu erwarten, versorgt mich meine Tierärztin mit Oxytocin das ich NACH Abschluss der Geburt injiziere. Oxytocin ist das Hormon, das dieses Zusammenziehen und Ausstoßen auslöst. Denn verbleibt eine Nachgeburt in der Gebärmutter, fängt diese an zu verwesen und vergiftet das Muttertier in in kürzester Zeit.