Ziegen begleiten die Menschen seit 9.000 Jahren (solange wie der Hund) die meisten Zeit waren sie zusammen unterwegs als Nomaden oder als Halbnomaden. An einem Fleck zu bleiben bekommt Ziegen nicht und beengt ihrer Intelligenz und Neugierde sich in einer wechselnden Umgebung zurecht zu finden.
Wie führt man Ziegen?
Manche packen Ziegen an den Hörnern, um sie von A nach B zu schaffen. Das geht, aber die Ziege wird es übel nehmen und fortan schwer zu kriegen sein. Ein Bock begreift es als Angriff, schließlich sind die Hörner seine Waffen und Statussymbole – keine Henkel!
Manchmal muss man Ziegen an die Leine nehmen, sie am Halsband irgendwohin führen – das geht, aber sobald sie sich weigern, ist man ziemlich hilflos. Es geht leichter, wenn man die Hand seitlich an ihren Hals legt und so gemeinsam geht. Dieses vertrauensvolle nebeneinander Gehen müssen beide, Halter und Ziege, jeweils erst lernen. Wenn es dann klappt, ist dies die angenehmste Art.
Ein langer Stock ist nützlich, wenn man Ziegen schnell aus dem Garten vertreiben muss. Aber über eine längere Strecke kann man sie so nicht führen, sie weichen seitlich aus…
Aber ein Stock dabei zu haben ist nützlich, mit ihm wirkt eine Person grösser, und das hilft bei Ziegen immer. Ziegen respektieren den Stock, selbst Ziegen, die nie einen Stock zu spüren bekamen, das scheint in den Genen abgespeichert.
Ohne Stock führen
Ich laufe vor der Herde. Um sie in Schwung zu bekommen, renne ich zu Beginn, dann folgen sie mir eiligst, keine will was verpassen.
Ähnlich lenke ich sie, wenn uns auf dem Weg ein Auto begegnet und sie die Straße frei machen müssen. Ich klatsche in die Hände, alarmiere sie mit Rufen und renne seitlich in die Wiese – dann folgen sie aus Fluchtinstinkt sofort und automatisch.
Die Ziegen heranrufen hilft nur, wenn sie es mit einer Belohnung verbinden können, also z.B. wenn ich vom Stall her rufe, gibt es wohl Futter…. Wenn sie aber gerade eine Eiche entdeckt haben, würde Rufen sie nicht davon wegbringen.
Die giftigen Härchen der Eichenprozessionsspinnern an den Eichen können schreckliche allergische Hautreaktionen hervorrufen. Sind die Blätter der Eiche angefressen, müssen die Ziegen sofort davon weggeführt werden – aber wie? Ich rufe laut und renne 30 Meter weit weg, sie rennen hinter mir her und dann führe ich sie schnell einem neuen Futterbaum zu.
Wo richten sie Schaden an?
Am besten man plant seine Route nicht entlang frisch aufgelaufener Saat. Es gibt aber viele Zeiten, in denen Ziegen auf einem Acker keinen Schaden anrichten, beispielsweise, nach der Ernte, wenn verlorenes Getreide keimt, oder Reste von Mais zu finden sind.
Landwirte säen manchmal Zwischenfrüchte, die dem Boden guttun, wie Leinsaat, Erbsen und Buchweizen, welche nicht geerntet werden. Am besten den Landwirt fragen und übers Jahr mit ihm in Kontakt bleiben.
Ziegen, Schweine und Kühe wurden früher zum Weiden in den Wald geführt – heute ist das nicht erlaubt. Ziegen können durchaus Schaden anrichten, indem sie die Rinde von jungen Stämmen schälen und ihre Hörner daran fegen – es ist wichtig sie im Auge zu behalten und dies sofort zu unterbinden (mit einem Stock). Sie werden ja speziell dafür eingesetzt, Verbuschung in den Alpen und auf der Heide zu verhindern.
Ich lasse sie an Hecken und Waldrändern im Vorbeigehen Blätter zupfen. Speziell im Herbst, wenn die Blätter sowieso bald fallen, ist das zu verantworten.
In unseren Wäldern und Hecken gibt es kaum Giftpflanzen (Pfaffenhütchen, Sumpfschachtelhalm), wohl aber in den Vorstadtgärten, die jetzt mehr und mehr auch in Dörfern Platz greifen: Sehr giftig für Ziegen sind alle Immergrünen: Buchsbaum, Eibe, Oleander, Efeu, Liguster, Kirschlorbeer etc. Ganze Herden können daran zu Grunde gehen. Gerade im Winter, wenn es nichts Grünes mehr gibt, locken diese Büsche, dann sollte man diese Orte unbedingt meiden.
Wie lernen Ziegen, Menschen zu begleiten?
Am Anfang war es schwer, unerfahrenen Jungziegen zum Spazieren zu bewegen, sie hatten Angst den vertrauten Bereich zu verlassen, knieten sich auf der Straße hin, da half alles Ziehgen nicht. Doch dann lernten sie die Eicheln schätzen und von da an sind sie gerne mit mir losgezogen.
Der Radius sollte sich nur allmählich erweitern, sie möchten immer gerne den Rückweg kennen, wissen, wie sie im Notfall alleine zurückfinden. Es hilft, wenn sie bei diesen ersten Ausflügen alle 20-50 Meter etwas Lohnendes zu knabbern finden: Blätter von Weide, Erle, Hasel oder Holunder, von Hopfen und Brombeere, Kräuter am Wegesrand: Beifuß, Nachtkerze etc. Unterwegs mit Ziegen lernt man so die Botanik aus Ihrer Sicht betrachten.
Das Leittier einer Herde sollte neben dem Menschen gehen, so wie man auch bei Pferden und Hunden aus gutem Grund darauf achtet, dass einen diese beim Gehen nicht überholen. Aber manch unerfahrene Ziege will unbedingt vorne gehen, die Herde anführen, ist dann aber schnell von dieser Rolle überfordert und bleibt stehen. Leittiere ärgern sich auch über den Hintern einer vorwitzigen Ziege vor ihrer Nase, versuchen, diesen weg zu schupsen. Die Hierarchie einzuhalten bringt Ruhe.
Die Herde versteht diesen Spaziergang bald als festes Ritual und auch die nächste Generation wächst da hinein. Gerade im Herbst und im Winter, wenn auf der eigenen Wiese nichts mehr locken kann, ist es toll, dem Einerlei am Stall für eine Stunde zu entfliehen mit einem gemeinsamen Spaziergang.
Wann laufen Ziegen weg?
Wenn sie auf diesen Spaziergängen weglaufen, dann höchstens nach Hause – wenn sie fürchten, zu weit vom Stall weggeführt zu werden.
Ziegen können von zu Hause weglaufen, Zäune und Tor überwinden, aber immer nur, wenn sie ein lohnendes Ziel sehen. Nur in der Brunst wird eine Ziege alleine losmarschieren auf der Suche nach einem Bock.