Muss ich die Ziege melken?

Wenn Ziegen ablammen, platzt ihr Euter schier vor Milch – das ist nicht zu übersehen und so muss man in den ersten Tagen, wenn die Lämmer erst ganz wenig trinken, unbedingt melken, sonst entwickelt sich schnell eine extrem schmerzhafte Mastitis, die sie möglicherweise nicht überlebt.

Danach übernehmen die Zicklein, nach 2-3 Monaten wird die Ziegenmutter diese nicht mehr saugen lassen und so versiegt allmählich die Milch: „die Ziege stellt sich selbst trocken“. Von da ab muss diese Ziege knapp gehalten werden, sonst verfettet sie und wird unfruchtbar.

…aber schade ist es schon!
Warum sich eine Weisse deutsche Edelziegen (WDE), oder Bunte deutsche Edelziegen (BDE), Toggenburger, Saanen, Appenzeller, Thüringer,  Versasca, Poitevine anschaffen – alle ausgesprochene Milchziegen – und sie dann nicht melken! Sie wurden über Jahrhunderte auf Milchproduktion hin gezüchtet.

Man kann auch andere Ziegenrassen wählen, die man nicht melken muss: Fleischziegen wie die Burenziegen oder die eleganten Anglo-Nubier, die mystische Walliser Ziegen oder putzige Zwergziegen.
Oder aber Wollziegen: die Angoraziege, sie will zweimal im Jahr geschoren werden oder die Kaschmirziege, deren Unterwolle man mehrmals im Jahr auskämmen muss.
Überall lauert Arbeit! Man kann das aber auch anders sehen, es bewundern, wie alle diese Rassen dem Menschen in einer speziellen Art über Jahrhunderte (eigentlich neun Jahrtausende) gedient haben!

Wenn die Ziege mich ihre Milch melken lässt, so weiss sie, dass sie mir etwas gibt, dass sie für mich etwas leistet, sie weiss um ihren Wert. Nicht anders als ein Hund, der sich freut, für seinen Mensch eine bestimmte Aufgabe zu erledigen, das macht ihn stolz – es entsteht eine Beziehung zwischen dir und deinem Tier, eine Beziehung zwischen Gleichwertigen – anders als zu Abhängigen, Unmündigen: Ein Hund ohne Aufgabe bleibt bis ins Alter ein kläffender Welpe.
Melkt man seine Milchziege nicht, verwertet ihr Produkt nicht, bringt man sie um ihre Wertschätzung und sich selbst um eine tiefere Beziehung zu ihr.

Alternativ zwei kleine Mönche

Jedes Frühjahr werden etwa gleich viele weibliche wie männliche Zicklein geboren. Wohin gehen dann männlichen? Kastrierte männliche Ziegen nennt man Mönche (Hammel betrifft das männliche kastrierte Schaf – dieser Begriff ist allerdings geläufiger). Kastrate fügen sie sich angenehm in die Herde, weil nicht so hormongesteuert und dafür offen für anspruchsvollere Aufgaben: Als Trekking-Träger, zum Wagen ziehen oder für Zirkusartistik – „Mönche“ sind voller Arbeits- und Lerneifer und schliessen sich gerne dem Menschen an. Diese charakterlichen Vorzüge schätzt man ebenso bei den kastrierten Hengsten, den Wallachen.

Ziegen nur zum Vergnügen

Sucht man eine Ziege nur zum Vergnügen, zum Spielen oder Spazieren und will keine Arbeit aufgehalst bekommen dank ihrer Produktivität (Wolle, Milch, Zicklein), dann wählt man am besten einen Mönch – noch besser zwei Mönche, am besten Brüder. Eine Ziege alleine zu halten ist schlimmste Tierquälerei und deshalb verboten. Dieses Tier wird den ganzen Tag nach anderen Ziegen, nach ihrer Halterin schreien, bis es in Depression verfällt. Ziegen brauchen ein Gegenüber zum Spielen, zum Anlehnen und für ihr Sicherheitsgefühl – die Ziege ist ein Herdentier. Böcke – ob kastriert oder nicht – wollen Raufen, ihre Kräfte messen, deshalb immer zwei.
Auch ihre Anschaffung ist leichter, am besten man sucht sich die Hübschesten aus einem Schwung frisch geborener Zicklein aus, reserviert sie und bewahrt sie so vor dem baldigen Schlachten. Sie sind preiswerter als weibliche Tiere, von denen eine Züchterin sowieso die Besten und Schönsten gleich selbst behalten würde.