Hilfskräfte, die saisonal entlasten könnten: Osteuropäer, Reisende „WWOOFER“, „Ökis“ oder PraktikantInnen.
WWOOF
„world wide opportiunities on organic farms“ ist eine Organisation, die jugendlichen Reisenden Plätze bei Bio-Bauern vermittelt. Für die Mitarbeit gibts Kost und Logis in 23 Ländern. Allein in Frankreich bieten 40 Bio-Ziegenhöfe Plätze an.
Eine Kanadierin kommentiert: „Nicht nur die Reisenden lernen, manchmal lernt auch der Bauer von uns.“ Sie selbst ist auf einer kleinen Farm in Kanada aufgewachsen, liebt die Idee der Nachhaltigkeit, studiert Archäologie, und bereist Europa zusammen mit einer Freundin auf diese Art. wwoof.de
SaisonarbeiterInnen
Während 9 Monaten arbeitet diese Polin für Gerald Brunner. Sie macht Käse, Haushalt, Garten. Die Agentur Agrimpuls, die dem Schweizer Bauernverband angeschlossen ist, rekrutiert in den Oststaaten.
Gerald Brunner bezahlt sie so, dass sie jeden Monat noch 1.400 CHF übrig hat, netto, also nach Abzug von Kost und Logis, Steuern, Unfallversicherung, Krankenkasse und AHV (Rentenbeitrag). „Da frage ich: welcher Schweizer hat am Monatsende noch 1.400 Franken übrig? Die Schweizerinnen, die sich auf meine Anzeigen meldeten, die wollten morgens nicht vor 7 Uhr arbeiten und um 17 Uhr Feierabend haben und freie Wochenenden… Meine Mitarbeiterin aus Polen beginnt um 6 Uhr 30, mittags hat sie frei bis 15 Uhr, Arbeitsschluss um 18 Uhr 30, drei Wochenenden frei, das Vierte arbeitet sie.“
Sennin
Die übrigen Monate arbeitet sie als Sozialpädagogin in Zürich und geniesst die Alpzeit als Auszeit um draussen zu sein. Sie findet Ziegen „extrem lässig“ (cool). Etwas Erfahrung mit Ziegen bringt sie aus einem sozialpädagogischen Projekt auf Korsika mit, ansonsten wurde sie gerade eben angelernt und arbeite nun alleine.
Eine zeitlich begrenzte Stelle als Älplerin oder Hirt findet man über diese Stellenbörse.
Ursi Hollenstein: Die Arbeit beginnt um 5 Uhr und endet um 20 Uhr: 57 Ziegen melken, Milch kühlen, Reinigung, Frühstück. 8 Uhr Abmarsch auf die Alpwiesen. Dort fressen sie gleich, dann wandern wir höher und immer weiter. Insgesamt fressen sie 2 Std. mit Unterbrechungen. Das kann sehr gemütlich sein, ich lese, schaue ihnen zu.
Sind die Ziegen gestresst, warten sie nicht auf jene, die schlecht laufen können. Stress haben sie durch Hitze, Bremsen und… Touristen – dann gibt’s Cabaret: Sie lassen sich von ihnen streicheln, flattieren und laufen ihnen hinterher. Unbehütet kann man die Ziegen hier nicht lassen. Es gibt viel Stacheldraht, um die Rinderherden vorm Abstürzen zu bewahren.
Am Sonntag kommt ein Käser zum Käsen, solange wird die Milch eingefroren.
Freiwilliges Ökologisches Jahr
In ihrem freiwilligen ökologischen Jahr erledigte Julia selbständig: füttern, melken, hüten, Lämmer tränken, im Hofladen und auf dem Markt verkaufen.
Julia Pohlers: Fit muss man schon sein. Ich hatte eine gute Kondition zuvor und danach war sie noch besser!
– Was würdest du SchülerInnen raten, die sich so was überlegen?
Sie müssen sich zuerst den Hof und die Leute anschauen, und es auf jeden Fall 3-4 Tage ausprobieren, bevor sie sich entscheiden. Ich selbst hatte keine Ahnung von Landwirtschaft, da ist es schon gut, erst zu schnuppern.
Durch das ökologische Jahr habe ich gelernt, dass ich mit Tieren sehr gut kann, das wusste ich vorher nicht. Dadurch, dass ich die Arbeit allein bewältigen musste, ich das gemeistert habe, wurde ich selbstsicherer. Am schwierigsten war das Hüten – man muss sich auf der Heide (ein sowjetischer Truppenübungsplatz) zurecht finden. Merken die Ziegen, dass man unsicher ist, folgen sie einem nicht…
Erfahrungen mit „Ökis“
Sabine Denell: 2006 gab es noch 500 Bewerber auf die 40 Stellen bei unserem Träger, dem Landesjugendring in Potsdam. Wegen der schwachen Jahrgänge waren es 2009 noch Hundert. Jetzt gibt es auch mehr Lehrstellen und Studienplätze. Früher war das nicht ganz so freiwillig gewesen, da schickten die Eltern die Jugendlichen, damit sie ihnen nicht auf der Tasche liegen.
Uns kostet so eine Kraft ca. 100 Euro im Monat plus Kost und Logis. Sie hausen in unserem ausgebauten Bauwagen. Pro Monat arbeiten sie im Durchschnitt 15 Tage hier und die andere Zeit geht weg für Urlaub, Wochenende oder Fortbildung.
Schwierig ist, die jungen Leute dazu zu bringen, aufmerksam zu sein für die Tiere, für etwas ausserhalb von ihnen selbst, für die Vorgänge, das Material, das Verhalten in der Gruppe. Sie kennen es nur umgekehrt, dass andere ihnen gegenüber aufmerksam sind. Sie schmoren schon sehr im eigenen Saft. Und wenn man sie da rausholt, sind sie hinterher so dankbar!
Es ist wichtig, dass sie die Wirkung ihrer Arbeit beobachten lernen: wie geht es den Tieren? Dass sie ihr Tun beurteilen lernen an der Reaktion von etwas ausserhalb von ihnen. Nicht ich sage ihnen, ob sie es richtig gemacht haben, sondern sie sehen das an den Tieren, an den Dingen: Zerbricht ein Besen, war ich nicht aufmerksam! Ein Gefühl für die Tiere, für das Material zu bekommen.
Die einen lernen es schnell, die anderen brauchen dazu länger – speziell die Jungen. Die sind einfach viel mehr in sich eingesperrt. Mädchen bemühen sich viel mehr und lernen dadurch viel schneller, während die Jungen lieber Held sein wollen. Wir haben das sechs Jahre lang gemacht und während dem nicht allzuviel Feedback bekommen. Das kommt aber jetzt: „Das war der Wendepunkt in meinem Leben!“ „Da ist so viel angestossen worden in meinem Leben.“ Das ist die Situation hier, wo wir hier so aufeinander angewiesen sind, die bringt einfach viel in Bewegung.
Auf dem Hof geht es natürlich autoritär zu! Einfach, damit die Ziegen versorgt sind und nichts vergessen wird. Natur ist autoritär, wie das Wetter: das ist einfach da, so wie es ist: „Stell dich darauf ein!“ Da kann man nicht sagen „das wollen wir jetzt erst mal diskutieren!“
Sabine Denell: Manche ekelten sich vorm Melken, wurden dafür von den Ziegen getreten, und wenn eine Ziege kackt, dann sagen manche „ii!“ Geburt, Blut, Schleim! Dass man als Mensch dazu gehört, es bei einem auch nicht anders ist, das wird ihnen so nah und extrem gespiegelt – da sind sie plötzlich in einer ganz anderen Situation, als zu Hause vorm Fernseher.
Familie
Stallarbeit und Melken erledigt Peter Baumann alleine, beim Heuen unterstützt ihn aber die ganze Familie. Peter Baumann: Ich wäre nicht in Urlaub gefahren, wenn die Tochter mir nicht von sich aus angeboten hätte, die Arbeit zu übernehmen. Hätte ich aber Erwartungen an die Familie mir zu helfen, dann käme das nicht gut. Sie sollen nicht müssen.